Die mittelalterlichen Badestuben


Baslerische Badstuben im Mittelalter: früherer Standort des "Neuen Bades" auf dem Andreasplatz, das "zem St. Andreas"-Haus Nr. 15 in 2018
Haus Nr. 15 (2018)

Während des Mittelalters, vor allem im 13. Jahrhundert, gewannen die Badestuben an Bedeutung. Nur wohlhabende Leute verfügten über private Bäder, der einfache Bürger musste öffentliche Bäder benutzen. Unterschieden wurde zwischen nach Geschlechtern getrennten oder gemischten Bädern. Die beliebten Bäder gab es in verschiedenen Ausgestaltungen: Zuerst waren es mehrheitlich Schwitzbäder, später kamen die Wannenbäder dazu.

 

Man nutzte die Bäder für die Körperpflege und zu Heilzwecken. Letzteres wurde erreicht durch die heilende Wirkung des Dampfes der dem Badewasser beigegebenen Kräuter. Neben dem Baden in Holzwannen wurden auch verschiedene Schönheitsbehandlungen angeboten. So konnte man sich z.B. die Haare schneiden und faulende Zähne ziehen lassen. Ebenfalls bestand oftmals die Möglichkeit, sich medizinischen Behandlungen, wie etwa dem Aderlass, zu unterziehen. Ausserdem dienten die Bäder der Entspannung und es wurde beim Baden gegessen und getrunken. Erotischer Austausch zwischen den Gästen, welche vorwiegend gemischt badeten, war unvermeidlich – was die Kirche nicht sehr erfreute. Als sich Ende des 15. Jahrhunderts die Syphilis verbreitete, war die Angst vor der Ansteckung in den eher unhygienischen Badestuben gross. Der Betrieb der meisten Bäder wurde deshalb eingestellt. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts gab es nur noch sechs öffentliche Bäder in Basel, wovon zwei noch am Andreasplatz lagen.

 

Da die Bäder in der Nähe von Quellen oder anderem Gewässer liegen mussten, verfügte der Andreasplatz aufgrund seiner „reichen Quelle“ über viele Bäder in seiner Umgebung. Neben der Badstube „unter Kremern“ soll es am Andreasplatz ab 1407 noch drei weitere Badstuben gegeben haben. Dies auch deshalb, weil das Wasser „heilkräftige Mineralien“ enthalten haben soll.

 

Die reiche Quelle war der „Goldbrunnen“ oder „Goldbach“ ganz in der Nähe. Sie entsprang hinter dem hinteren Haus „zum Sessel“ zwischen dem Andreasplatz und dem Totengässlein. Heute ist die Liegenschaft adressiert als Totengässlein 3 und beherbergt das Pharmaziemuseum. Die Liegenschaft setzt sich aus mehreren Häusern, nämlich Totengässlein 1-3, zusammen. Das Hinterhaus war das erste von ihnen.

 

Der Goldbach versorgte nicht nur die um den Andreasplatz angesiedelten Badestuben mit Wasser, sondern ein Teil wurde auch zum Fischmarktbrunnen und zum Brunnen bei der „Krone“ an der Schifflände umgeleitet. Seine Funktion lag zudem darin, als Kanalisation der umgebenden Häuser zu dienen. Das Wasser floss vom Andreasplatz aus und mündete in den Rhein. Durch den im Gegensatz zu heute noch feuchten Boden war die Wasserversorgung reich. Manchmal zu reich, denn das Wasser floss so gut, dass es auch Stellen erreichte, an denen es nicht erwünscht war. Wiederkehrende Schäden bei den Nachbarsleuten waren die Folge, was zu einiger Unstimmigkeit unter den Anwohnern führte. Einer dieser Zeitzeugen hiess Heizman Murer, der sich 1398 darüber beklagte, dass „sinen Kelre sines Hus Sessel an der Todgassen grosser Schade beschehe … von dem Abwasser des Brunnens, so sinen Fluss hat in die Badestube“.

 

Die Badstube „unter den Kremern“ („unter den Krämern“) befand sich dort, wo die Quelle entsprang, im Hinterhaus des Hauses „zum Sessel“. Wie ihr Name besagt, stand die Badestube im Krämerquartier. Dieses hintere Gebäude, welches 1296 in einem Dokument aufgezeigt wurde, wurde in einer weiteren der alten Urkunden vom „Samstag vor der alten Fasnacht“ 1296 als Badestube „unter den Kremern“ erwähnt. In dem Papier ist die Übergabe von Besitzer zu Besitzer des urkundlich zweitältesten bekannten Basler Bades dokumentiert: Agnese zer Svnnen (Agnes zur Sonnen) mit Einverständnis von ihrem Sohn, Ratsherr Hug zur Sonnen, erklärt Martin, den Badstuber, und seine Frau Guta, die Badestube „unter den Krämern“ als die rechtlichen Erben.

 

Schon zu dieser Zeit zahlte man Zins: Martin schuldete Frau Agnes „alle Sonntage durch das Jahr“ fünf Schilling Zins und an der Fasnacht hatte er zwei Hühner zu bringen. An Weihnachten zahlte er den doppelten Zins, wenn Heiligabend an einem Sonntag stattfand, stieg der Zins auf das Dreifache.

 

Anfang des 15. Jahrhunderts war die Nachfrage nach Bädern so stark, dass eine zweite Badestube erbaut wurde. Wenn man sich rechts hielt, an der Kapelle vorbeiging und sich tiefer in den Platz hineinbegab, gelangte man hinter der Kapelle zu dem zu jener Zeit genannten „neuen Bad“ (estarium novum). Das Etablissement befand sich im jetzigen Haus Nr. 15 und erstreckte sich über alle drei Stockwerke.

 

Die Liegenschaft gehörte dem Petersstift, welches damit Einnahmen in Höhe von drei Pfund erzielte. Henman Zwinger, der „Watmann“, setzte sich für den Bau ein, weshalb die Stube lange den Namen „Zwingerbad“ trug. Die Stiftsherren St. Peters halfen mit einem Kredit. Das Gewerbe ging durch die Hände aller Art, darunter auch ein „Frauenwirt“ bzw. ein „Eros-Center“-Besitzer, ein Wundarzt und viele Witwen, welche sich den Betrieb nicht leisten konnten.

 

1431 erklärte die christliche Kirche das Baden unter beiden Geschlechtern als unangebracht. Das Andreasbad wurde somit zum Frauenbad, die Männer mussten zum Blumenrainer „zu Utingen“ Bad weichen. Mit dem Tod der letzten Besitzerin, die Witwe Ursula Zeller-Zwilchenbart, starb 1819 sozusagen auch der Brauch des Bades mit ihr. Das Haus diente danach nur noch als Wohnhaus.

 

Wann genau der Betrieb der anderen Bäder am Andreasplatz eingestellt wurde, lässt sich nicht zuverlässig feststellen. Von der Badestube „unter den Kremern“ ist lediglich bekannt, dass anno 1804 noch von ihr die Rede war, 1819 nur noch von „einem Brunnen guten Wassers“.